Melanie

Schon zu Beginn ihrer Karriere wurde Melanie als "die kreativste, beeindruckendste junge Interpretin in der heutigen Folkszene" (Billboard) gerühmt. Im Verlauf von zwei Jahrzehnten verkaufte die sympathische Sängerin weltweit rund 23 Millionen Schallplatten. In ihrer besten Zeit war sie mit ihren sanften, aber eindringlichen Melodien permanent in den internationalen Bestsellerlisten vertreten. Ihre engagierten Songs beschworen noch einmal Hippieträume. Mitte der 70er Jahre wurde es ruhig um "eine Interpretin mit einer unvergleichlichen Ausstrahlung" (Record World). Melanie zog sich ins Privatleben zurück und widmete sich ihren Kindern. 1978 bemühte sie sich um ein Comeback.

Als Tochter ukrainisch / italienischer Eltern wurde Melanie Safka am 3. 2. 1947 im New Yorker Stadtteil Queens geboren. Ihre Mutter sang Jazz und Blues, und einer ihrer Onkel war Folkmusiker. Als Sechsjährige begann sie Ukulele zu spielen, später wurde die Autodidaktin von Pete Seeger und Bob Dylan beeinflußt, wollte aber eigentlich zum Theater. Melanie Safka studierte an der American Academy of Fine Arts und trat in den Folkclubs von Greenwich Village, New York, auf. Columbia Records ermöglichte ihr 1967 die Single "Beautiful People", doch als Melanie herausfand, daß man bei der Firma andere Sängerinnen wie Michele Lee favorisierte, stieg sie aus dem Vertrag aus.

Die musikalische Karriere der Melanie Safka kam eher zufällig in Schwung. Es heißt, daß Melanie irgendwann 1968 für eine Theaterrolle vorsprechen sollte. Sie irrte sich in der Anschrift und landete im Büro des Musikverlegers Peter Schekeryk, dem sie vorsang und der umgehend ihr Management übernahm. 1971 wurde er ihr Produzent und Ehemann. Aus der ersten LP "Born To Be" wurde eine überarbeitete Fassung von "Beautiful People" ausgekoppelt. Am 16. 8. 1969 trat sie beim Woodstock Festival während eines heftigen Gewitters auf, das sie zu dem Song "Lay Down (Candles In The Rain)" inspirierte. Ende des Jahres erschien ihr zweites Album "Affectionately Melanie".

Melanie, die sich meistens nur mit der Gitarre begleitete, wurde zu einer Leitfigur der Hippie-Generation. Sie präsentierte ihr Repertoire in der ausverkauften New Yorker Town Hall und erhielt glänzende Kritiken: "Sie gewann ihr Publikum innerhalb von Minuten und fesselte es einen Abend lang. Ein Blick im vollbesetzten Haus machte deutlich, daß dieses unscheinbare, natürliche Mädchen seinen Traum verwirklicht hatte" (Cashbox). Ihre gebrochene Stimme und der erzählerische Stil faszinierte Fans und Kritiker gleichermaßen.

Unterstützt von den Edwin Hawkins Singers kam sie mit dem hymnenhaften "Lay Down" (US #4) im Sommer 1970 erstmals in die Charts. Sie gastierte beim Isle of Wight Festival und tourte mit Erfolg im November 1970 durch Großbritannien. Das Mädchen mit den langen braunen Haaren, den großen dunklen Augen und der Vorliebe für enge, lange Samtkleider und Lederstiefel schlug Brücken zwischen Rock- und Folkfans und der Popgeneration, sang von Liebe, Einsamkeit und Angst, vom Älterwerden, gegen Krieg und Gewalt und für Solidarität. Ihre Popularität setzte sie auch als Botschafterin von UNICEF ein.

Zwischen 1970 und 1972 gelangen Melanie ihre größten kommerziellen Erfolge mit den Singles "Peace Will Come" (US #22), "Brand New Key" (GB #3, US #1, D #23), "Ring The Living Bell" (US #21, D #41), "Nickel Song" (US #40, D #43) und den Alben "Candles In The Rain" (GB #3, US #8, D #33), "Leftover Wine" (GB #25, US #20), "The Good Book" (GB #12, D #16), "Gather Me" (GB #11, US #13) und "Garden In The City" (GB #14) sowie ihrer Interpretation des Rolling Stones-Titels "Ruby Tuesday" (GB #8, US #42, D #6). Ab Ende 1971 erschienen ihre Platten beim mit Ehemann Schekeryk neugegründeten Label Neighborhood Records. 1973 ließen ihre Plattenverkäufe deutlich nach. Die letzte Plazierung in den Charts wurde im Juli 1974 mit der Single "Lover's Cross" (US #73) registriert. Nach der Veröffentlichung von "Sunset And Other Beginnings" gab sie 1975 ihre Plattenfirma auf.

Melanie machte mit Atlantic Records einen neuen Vertrag, und 1976 erschien "Photograph", produziert von Firmenchef Ahmet Ertegun. Jazzrockprominenz von David Sanborn bis zu den Brecker Brothers unterstützten sie bei "Photogenic / Not Just Another Pretty Face", konnten der LP aber auch nicht zum Erfolg verhelfen. Nach einer Australientournee, die im Sydney Opera House endete, und dem Live-Doppelalbum "Ballroom Streets" zog sich die Sängerin vorübergehend ins Privatleben zurück.

Lediglich von einem Gitarristen begleitet, kam Melanie im Winter 1982 nach Deutschland und sang in einem Programm mit Donovan ihre alten Hits. Das neue Album "Arabesque" verkaufte sich schlecht, obwohl die Kritik davon angetan war. 1984 bestand ihr Live-Repertoire aus Songs vom neuen Album "Seventh Wave", bewährten Oldies und Titeln aus dem Broadwaystück "Ace Of Diamonds", in dem sie als Schauspielerin debütierte.

1987 veröffentlichte sie "Am I Real Or What". 1989 beteiligte sich Melanie an der Woodstock 20th Anniversary-Tournee und erhielt einen Emmy für den Text zur Musik der TV-Serie "Beauty And The Beast". Zuweilen trat sie mit ihren Töchtern Jeordie und Leilah auf, die sich in Denver, Colorado, in der Safka Folk Group engagierten. In den 90er Jahren veröffentlichte Melanie bei kleinen Labels sporadisch Alben, die wenig beachtet wurden. 1994 wurde sie zur zweiten Auflage des Woodstock-Spektakels eingeladen.

Quelle: Rockmusik-Lexikon